Leitlinie 10: Anforderungen an ein Unterstützungskonzept

Das Unterstützungsangebot ist so zu organisieren und auszugestalten, dass es den Unterstützungsbedarfen der Familien und den Grundsätzen Inklusion, Empowerment und Partizipation gerecht wird.

Diese Leitlinie bezieht sich auf die Möglichkeiten der konzeptionellen und organisatorischen Umsetzung Begleiteter Elternschaft. Um die Unterstützung der Familien bedarfsorientiert und individuell zu gestalten, sind einige organisatorische Anforderungen zu berücksichtigen. Fragestellungen zu einzelnen Themenfeldern bieten die Möglichkeit, das eigene Konzept und die eigene Organisationsstruktur zu überprüfen.

Das vorliegende Rahmenkonzept soll die Weiterentwicklung der Angebote für Eltern mit Lernschwierigkeiten und ihre Kinder fördern. Ziel ist die Öffnung und inklusive Ausgestaltung von Angeboten der Kinder- und Jugendhilfe und von Angeboten aus dem Feld der Unterstützung von Menschen mit Behinderung. Während in den anderen Kapiteln viele zu berücksichtigende Aspekte aus dem Bereich der pädagogischen Arbeit mit den Familien dargestellt werden, liegt der Schwerpunkt dieses Kapitels auf den Möglichkeiten der konzeptionellen und organisatorischen Umsetzung. Um die Unterstützung der Familien bedarfsorientiert und individuell auf die Familie bezogen gestalten zu können, sind einige organisatorische Anforderungen zu berücksichtigen.

Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten der Umsetzung, von denen nicht eine als „richtig“ identifiziert werden kann. Aus diesem Grund werden im Folgenden zu verschiedenen Themen einzelne Aspekte vorgestellt, die im Rahmen des Modellprojekts als Qualitätsmerkmal herausgearbeitet wurden. Außerdem bieten Fragestellungen zu einzelnen Themenfeldern die Möglichkeit, das eigene Konzept und die eigene Organisationsstruktur zu überprüfen. Zwar wird dem Aspekt der Kooperationen und der Vernetzung in der Begleiteten Elternschaft an anderer Stelle im Rahmenkonzept ein separates Kapitel gewidmet, weil die Zusammenarbeit verschiedener Fachkräfte in der Begleitung von Familien aber ein zentraler Bestandteil der Unterstützung ist, wird auch in diesem Kapitel immer wieder auf die Möglichkeit oder Notwendigkeit von Kooperationen verwiesen.

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Anforderungen an die Qualifikation der Fachkräfte

Ein Ergebnis der Befragungen im Rahmen des Modellprojekts ist, dass es sich bewährt hat, Mitarbeitende aus dem Bereich der Jugendhilfe und dem der Unterstützung für Menschen mit Behinderung in den Teams einzusetzen, da sich durch die verschiedenen beruflichen Schwerpunkte die Bedarfe der Familien gut abdecken lassen. In erster Linie wird von den Diensten und Einrichtungen, die ein Angebot Begleitete Elternschaft machen, pädagogisches Personal eingesetzt (Sozialpädagog*innen, Erzieher*innen sowie verwandte Berufsgruppen). Einige größere Träger beschäftigen darüber hinaus auch Fachkräfte aus dem Bereich der Gesundheitshilfe (Kinderkrankenschwestern, Hebammen). Dieses spezifische Personal wird in der Regel ergänzend und familienübergreifend eingesetzt. In den Interviews wurde deutlich, dass Eltern Mitarbeitende dieser Berufsgruppen in der Regel gut akzeptieren konnten. Sie scheinen weniger als Sozialpädagog*innen mit Kontrolle in Verbindung gebracht zu werden. Möglicherweise wird ihnen auch spezifischeres Fachwissen in Bezug auf kindliche Entwicklung und Kindergesundheit zugetraut. Welches Personal eingesetzt werden kann und darf, orientiert sich auch an Vorgaben der Kostenträger. So gibt es zum Beispiel in der Jugendhilfe gemäß Paragraf 72 SGB VIII ein Fachkräftegebot. Aufgrund des spezifischen Arbeitsfeldes ist es zum Teil möglich, Ausnahmen zum bestehenden Fachkräftegebot zu verhandeln.

Da gerade kleinere Träger kein breites Spektrum an Berufsgruppen vorhalten können, sollten die Familien darin unterstützt werden allgemeine Angebote zu nutzen (im Hinblick auf Gesundheitssorge, Hebammenversorgung, Therapie, spezifische Beratung). Hier sind auch gezielte Kooperationen denkbar.

Neben der grundlegenden pädagogischen oder sonstigen fachlichen Ausbildung spielt für die Qualität der Arbeit die professionelle Haltung der Fachkräfte eine entscheidende Rolle (vergleiche „Leitlinie 5: Professionelle Haltung“).

Fragestellungen:
  • Welche Vorgaben werden vom Kostenträger/den Kostenträgern bezüglich der Qualifikation des einzusetzenden Personals gemacht?
  • Welche Qualifikationen benötigen die Fachkräfte, um die (potenziellen) pädagogischen Bedarfe der Familien bearbeiten und die weitergehenden Arbeitsanforderungen (zum Beispiel an Dokumentation, Berichtswesen, gegebenenfalls Casemanagement oder Ähnliches) erfüllen zu können?
  • Über welches Fachwissen bzw. welche Erfahrung sollten Fachkräfte unabhängig von ihrer formalen Qualifikation verfügen, zum Beispiel im Hinblick auf die Beeinträchtigung der Eltern, auf die Entwicklung der Kinder, auf spezifische Methoden und Weiteres?
  • Welche Haltung sollten die Fachkräfte mitbringen?
  • Gibt es Aufgaben, die von ergänzenden Nicht-Fachkräften übernommen werden können?
  • Welcher Personalmix ist notwendig, um die Qualität zu sichern und gleichzeitig kostendeckend zu arbeiten?

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Anforderung an die Arbeitsorganisation

Die Arbeit in der Begleiteten Elternschaft stellt hohe fachliche Anforderungen an die Mitarbeitenden und erfordert außerdem ein spezifisches Engagement und Einsatzbereitschaft. Für den stationären Bereich heißt dies bespielsweise, dass Mitarbeitende sich auf Schichtdienst einlassen müssen. Im ambulanten Bereich ist ein hohes Maß an Flexibilität erforderlich, um die Familie bedarfsorientiert zu unterstützen. Bereitschaftsdienste und Wochenendeinsätze können erforderlich sein. Die Herausforderung besteht darin, in der Organisation des Personaleinsatzes den Bedarfen der Familien gerecht zu werden und gleichzeitig für die Fachkräfte ein angemessenes Verhältnis von dienstlichen Anforderungen und Rechten und Bedürfnissen an Freizeit sicherzustellen.

Eine Organisationskultur, die Wert auf Beteiligung und Empowerment der Mitarbeitenden legt und ihnen Möglichkeiten gibt, die Arbeit mitzugestalten und ihre Ressourcen einzubringen, fördert ein positives Arbeitsklima und dient der Bindung der Mitarbeitenden an den Träger. Eine hohe Kontinuität ist sowohl für die Zusammenarbeit im Team als auch für die Arbeit mit den Familien bedeutsam.

Bei stationärer Unterstützung beziehun gsweise Unterstützung in besonderen Wohnformen:
  • Was sind die Anforderungen an den Dienstplan und wie werden diese festgelegt? Zu welchen Zeiten ist welches Personal erforderlich? Bedarf es einer Nachtwache oder ist eine Nachtbereitschaft ausreichend?
  • Wer erstellt den Dienstplan? Wie finden die Interessen der Mitarbeitenden Berücksichtigung? Werden sie an der Dienstplanung beteiligt?
Bei ambulanter Unterstützung:
  • Wie wird die Unterstützung zeitlich organisiert? Durch Dienstplanung, durch individuelle Absprachen der Mitarbeitenden mit den Familien oder durch eine Mischung aus beiden Modellen? Wie sind die Mitarbeitenden gegebenenfalls an der Dienstplanung beteiligt? Welche Flexibilität der Mitarbeitenden können die Familien erwarten?
  • Wie ist der Bedarf an Unterstützung nachts und am Wochenende (individueller Bedarf der Familien)? Ist Anwesenheit von Mitarbeitenden erforderlich? Ist eine Rufbereitschaft ausreichend? Kommen die Familien komplett auf sich gestellt zurecht?
  • Wie wird die Unterstützung am Wochenende, wenn hier Unterstützungsbedarf besteht, abgedeckt? Wie viel und welche Unterstützung ist hier notwendig? Wer kann diese Unterstützung leisten?
  • Wie wird die Erreichbarkeit der Mitarbeitenden sichergestellt? Zu welchen Zeiten müssen Fachkräfte für die Familien erreichbar sein (individueller Bedarf der Familie)? Ist eine Erreichbarkeit zu Dienstzeiten ausreichend?
  • Werden alle Anforderungen durch den eigenen Dienst beziehungsweise die eigene Einrichtung erbracht oder sind Kooperationen denkbar?

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Einsatz des Personals – Bezugsbetreuung

Die meisten Dienste und Einrichtungen arbeiten nach dem Prinzip der Bezugsbetreuung. Dabei ist es unterschiedlich, ob die Bezugsbetreuung einer ganzen Familie zugeordnet ist, oder ob verschiedene Personen für einzelne Familienmitglieder zuständig sind. Die Zuständigkeit für die ganze Familie birgt den Vorteil, dass die Familie als Ganzes, als System betrachtet wird. Andererseits kann dies dazu führen, dass einzelne Bedarfe beziehungsweise Bedarfe einzelner Familienmitglieder aufgrund der Vielzahl von Bedarfen oder der Dominanz einzelner Familienmitglieder untergehen. Teilweise wird Wert daraufgelegt, dass ein Teil der Fachkräfte die Kinder fokussiert und ein anderer Teil die Eltern. Dadurch soll dem Spannungsfeld Kinderschutz und Elternrecht aus den unterschiedlichen Perspektiven Rechnung getragen werden. Bei Familien, die im ambulanten Setting sowohl im Rahmen der Hilfen zur Erziehung als auch der Eingliederungshilfe unterstützt werden, ist dies ohnehin gewährleistet.

Die Entscheidung, wie das Bezugsbetreuungssystem umgesetzt wird, muss nicht generell getroffen werden, sondern kann auch von Familie zu Familie variieren.

Beim Einsatz des Personals ist zu bedenken, dass zu viele Fachkräfte beziehungsweise häufige Wechsel in der Familie für diese eine große Herausforderung darstellen. Aus den Interviews geht deutlich hervor, dass die Eltern feste Ansprechpersonen und Kontinuität auch in Urlaubs- und Krankheitszeiten schätzen. Zu kleine Teams bergen andererseits die Gefahr fehlender Distanz.

Fragestellungen:
  • Wie kann sichergestellt werden, dass alle Bedarfe von jedem Familienmitglied abgedeckt sind und die Unterstützung nicht von zu vielen Personen geleistet wird?
  • Wird nach dem Bezugspersonensystem gearbeitet? Wie genau ist dies organisiert? Erhält jedes Familienmitglied eine eigene Bezugsperson?

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Zusammenarbeit der eingesetzten Fachkräfte

Aufgrund der teilweise hohen Intensität der Unterstützung in der Begleiteten Elternschaft sind in der Regel unabhängig vom Unterstützungssetting mehrere Fachkräfte mit der Unterstützung einer Familie betraut. Leistungen der Jugendhilfe und der Eingliederungshilfe werden von unterschiedlichem Fachpersonal, welches möglicherweise nicht beim selben Träger beschäftigt ist, geleistet. Die Zusammenarbeit dieser unterschiedlichen Personen muss koordiniert, der Informationsfluss und Absprachen zur Unterstützung müssen sichergestellt werden. Wichtig für das Gelingen der Unterstützung ist Klarheit für die Familien über die Zusammenarbeit und wer für was zuständig ist. Dies wurde auch bei der Auswertung der Gruppendiskussionen deutlich.

Eine Herausforderung für Eltern besteht darin, dass sie aufgrund der unterschiedlichen Fachkräfte häufig mit verschiedenen Sichtweisen konfrontiert werden. Dies kann eine Chance sein, sofern für die Eltern deutlich ist, dass es sich um unterschiedliche Möglichkeiten handelt und die Entscheidung über das Vorgehen bei ihnen liegt. Andererseits kann es zu massiver Verunsicherung und damit einhergehender Überforderung der Eltern führen. Typische Themen im ersten Lebensjahr, bei denen es unterschiedliche Meinungen gibt, sind etwa Schnuller ja oder nein oder die Frage nach dem Beginn mit Beikost oder der Körpertemperatur bei der ein Fieberzäpfchen gegeben wird. Fast immer sind dies Fragen, die unabhängig davon, wie sie beantwortet werden, keinen gravierenden Einfluss auf das Kindeswohl haben. Hilfreich kann es sein, wenn Fachkräfte sich darauf verständigen, den Vorschlägen von Spezialist*innen (wie etwa Kinder*ärztin oder Hebamme) zu folgen.

Fragestellungen:
  • Übernimmt jemand das Casemanagement und behält den Überblick über den gesamten Unterstützungsprozess? Sind die Verantwortlichkeiten nach Zuständigkeiten zum Beispiel Kinder- und Jugendhilfe und Eingliederungshilfe verteilt? Haben die Familien die Möglichkeit mit zu entscheiden, wer das Casemanagement übernimmt?
  • Wie wird die Arbeit der verschiedenen Fachkräfte in einer Familie miteinander abgestimmt? Über die Dokumentation? Über Übergaben? In welcher Form?
  • Gibt es regelmäßige Arbeitstreffen der Fachkräfte? Gibt es regelmäßige gemeinsame Termine in der Familie, in denen Ziele und Unterstützungsmaßnahmen sowie Schwerpunktthemen abgestimmt werden? Wenn, ja, in welchem Turnus?
  • Wie wird sichergestellt, dass für die Familienmitglieder transparent ist, wer für welche Aufgaben zuständig ist?
  • Wie gelingt es, den Eltern verschiedene Sichtweisen deutlich zu machen ohne sie zu verwirren oder zu überfordern?

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Qualitätssicherung durch Teamgespräche, Kollegiale Beratung und Supervision

Regelmäßige Teamgespräche sind sinnvoll. Sie dienen zum einen dem Informationsfluss und der Abstimmung zwischen den Fachkräften. Zum anderen kann im Teamgespräch ein inhaltlicher Austausch über das Vorgehen in der Unterstützung und die Reflexion der pädagogischen Haltung erfolgen (angelehnt an die pädagogischen Leitlinien). Bei allen im Rahmen des Modellprojekts befragten Diensten und Einrichtungen sichert darüber hinaus Kollegiale Beratung und Supervision die Qualität der Unterstützungsarbeit.

Kollegiale Beratung ist in Abgrenzung zur Supervision selbstgesteuert (ohne eine externe Beratungsperson). Ziel einer Kollegialen Beratung ist es, zu aktuellen Problemen kurzfristig umsetzbare Lösungen zu entwickeln. Der gemeinsame berufliche Hintergrund und die geteilte Erfahrung werden für eine lösungsorientierte kooperative Zusammenarbeit im Beratungsprozess genutzt. Die beteiligten Fachkräfte profitieren von den Ideen und Erfahrungen der Kolleg*innen. Der Ablauf einer Kollegialen Beratung ist stark strukturiert, in Phasen im Beratungsprozess gegliedert, und die Beteiligten übernehmen unterschiedliche Rollen. Dabei gibt es kein einheitliches System. Je nach Literaturquelle finden sich unterschiedliche Modelle, die sich allerdings nicht grundlegend unterscheiden, sondern unterschiedlich ausdifferenziert sind (vergleiche Herwig-Lempp 2016).

Durch die spezielle Ausbildung von Supervisor*innen ermöglicht eine Supervision weitergehende analytische Reflexion. Neben der Fallarbeit (Fallsupervision) können unter anderem auch die Zusammenarbeit im Team, Rollenerwartungen und Rollenverhalten, Fragen der Organisation, Fragen von Macht und Verantwortung sowie Qualitätsmanagement Inhalt von Supervision sein. Supervision hat deshalb einen hohen Stellenwert im Rahmen von Qualitätssicherung.

Fragestellungen:
  • Stehen organisatorische und inhaltliche Themen in Teamgesprächen in einem angemessenen Verhältnis?
  • In welchem Turnus wird über jede Familie berichtet bzw. diese besprochen? Erfolgt dies regelmäßig oder durch die Fachkraft bei angemeldetem Bedarf? Welches Anliegen steht dahinter: Information, eigene Entlastung, Beratungsbedarf?
  • Wann findet eine Kollegiale Beratung statt?
  • In welchem Turnus finden Supervisionen statt?
  • Inwiefern ist gewährleistet, dass die professionelle Haltung und die eigene berufliche Identität immer wieder reflektiert werden?

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Anforderungen an Dokumentation und Berichtswesen

Schriftliche Dokumentation und Berichte sind Belege über die geleistete Unterstützungsarbeit und haben unterschiedliche Aufgaben zu erfüllen.

Gegenüber den Kostenträgern sind dies:
  • Leistungsnachweis zur Abrechnung
  • Inhaltlicher Nachweis der geleisteten Unterstützungsarbeit/Nachweis der Qualität der Arbeit
Für die Fachkräfte haben Dokumentation und Berichte die Funktion:
  • Gedächtnisstütze
  • Übergabe unter den Fachkräften/Weitergabe von Informationen
  • Verlaufskontrolle
  • Qualitätssicherung
  • Beweissicherung

Für die Transparenz der Arbeit sollte die Dokumentation den unterstützten Eltern gegenüber offen oder zumindest einsehbar sein. Auch Berichte sollten in dem Bewusstsein geschrieben werden, dass sie mit den Eltern oder Familienmitgliedern gemeinsam gelesen werden.

Dabei gilt es einige Grundsätze zu beachten, wie beispielsweise sachliche Sprache, verständliche Sprache, deutliche Unterscheidung von Beobachtung/Beschreibung, Bewertung und Interpretation sowie Ressourcenorientierung statt Defizitorientierung.

Dokumentation von Unterstützungsarbeit ist für die meisten Fachkräfte lästige Pflicht. Insbesondere für die EDV-gestützte Dokumentation gibt es in der Regel Abrechnungs- oder Dokumentationsprogramme, die nach bestimmten Vorgaben bedient werden müssen. Sofern es Möglichkeiten der Gestaltung gibt, kann Dokumentation aber auch die Chance bieten als Instrument in der pädagogischen Arbeit eingesetzt zu werden. Über eine transparent geführte Dokumentation besteht die Möglichkeit die Familienmitglieder einzubinden. So berichten zum Beispiel einzelne Träger, dass sie sogenannte Familienbücher als offene Dokumentation in den Haushalten der Familien führen und in diese Bücher sowohl Fachkräfte als auch Familienmitglieder hineinschreiben können. Dokumentation kann zur gemeinsamen Reflexion des Unterstützungsprozesses genutzt werden (bezogen auf den einzelnen Termin oder über einen längeren Zeitraum).

Für Berichte gibt es üblicherweise Vorgaben von Kostenträgern. Mitunter haben Träger einheitliche Berichtsformen erstellt, an die sich die Fachkräfte halten müssen. Aus diesem Grund gibt es wenig Spielraum für den Aufbau und die Struktur von Berichten. In der inhaltlichen Ausgestaltung sind die Fachkräfte in der Regel frei. Auch das Schreiben von Berichten kann innerhalb der Unterstützung als Anlass für die gemeinsame Reflexion des vergangenen Unterstützungszeitraums und als Ausblick auf die kommenden Monate genutzt werden (vergleiche „Leitlinie 6: Pädagogische Unterstützung“).

Zu Dokumentation und Berichtswesen haben verschiedene Verbände und Arbeitsgemeinschaften Arbeitshilfen und Handreichungen erarbeitet, auf die wir an dieser Stelle verweisen.

Fragestellungen:
  • Welche Form der Dokumentation und des Berichtswesens fordert der Kostenträger?
  • Welche und wie viel Dokumentation ist erforderlich, damit der Dienst/die Einrichtung ihrem Unterstützungsauftrag sinnvoll nachkommen kann?
  • Wie lässt sich Dokumentation sinnvoll in die Unterstützung integrieren und verhindern, dass Dokumentation zum Zeitfresser wird?
  • Welche Inhalte sollten zwingend im Bericht Erwähnung finden? Warum?
  • Wie gelingt es mir, in der Dokumentation und in den Berichten die Balance zwischen persönlicher Absicherung meiner Arbeit und den Persönlichkeitsrechten/dem Schutz der Privatsphäre der Familien zu bewahren?
  • Wie können Dokumentation und Berichtswesen für die Familien transparent und nachvollziehbar gestaltet werden?

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Räumliche und sächliche Ausstattung

Die räumliche und sächliche Ausstattung eines Dienstes oder einer Einrichtung ist abhängig vom jeweiligen Konzept und den individuellen Möglichkeiten eines Trägers. Außerdem ist die Infrastruktur an den Grad der Verselbständigung der Familien angepasst. Einige Aspekte haben sich in der Praxis bewährt. Räume, die für gemeinschaftliche Aktivitäten genutzt werden, können ganz unterschiedliche Zwecke erfüllen, von gemeinschaftlichen Freizeitaktivitäten bis hin zu Bildungsangeboten für Eltern und sind bei den meisten Trägern vorhanden. Einerseits können diese Gruppenangebote die Kontakte der Eltern untereinander fördern, andererseits besteht die Gefahr durch solche Angebote eine Sonderwelt zu schaffen.

Daneben können die Räume auch für Teamgespräche, Konferenzen und ähnliches genutzt werden. Da Erreichbarkeit der Mitarbeitenden ein wichtiges Kriterium für gelingende Unterstützung ist, ist eine Anlaufstelle bei allen Trägern vorhanden beziehungsweise die telefonische Erreichbarkeit durch Diensthandys sichergestellt.

Fragestellungen:
  • Welche Räumlichkeiten benötigen die unterstützten Familien? Welche die Mitarbeiter*innen?
  • Welche sonstige Infrastruktur ist notwendig, um die Unterstützung zielführend und auch effektiv leisten zu können?
  • Wo sind Kooperationen mit anderen Trägern möglich, um Infrastruktur gemeinsam zu nutzen und Inklusion zu fördern? Was ist im Umfeld an Infrastruktur vorhanden? Wie kann diese für die Familien nutzbar gemacht werden?
  • Kritische Reflexion: Ist das Vorhalten einer bestimmten Infrastruktur sinnvoll und notwendig oder wird damit Exklusion gefördert?

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Sicherstellung der Ergebnisqualität

Dienste und Einrichtungen der Begleiteten Elternschaft müssen die Qualität ihrer Arbeit sicherstellen. Große Träger haben häufig ein Qualitätsmanagement, in das alle Arbeitsbereiche einbezogen sind. Grundsätzlich ist zu klären, wer die Ergebnisqualität beurteilt, was genau beurteilt werden soll und wie dies erfolgt.

Wer beurteilt die Ergebnisqualität:
  •  Eltern und Kinder als Adressaten der Leistung?
  •  Leistungsträger als die Auftraggeber und Kostenträger?
  •  Leistungserbringer?
Was wird beurteilt?
Mögliche Indikatoren, anhand derer die Ergebnisqualität beurteilt werden kann, sind:
  • Zielerreichung
  • Kompetenzzuwächse
  • Zufriedenheit mit der Unterstützung

Zielerreichung und Kompetenzzuwächse werden idealerweise gemeinsam im Rahmen der Hilfeplanung überprüft. Es ist wichtig, dass die Sichtweisen aller Beteiligten berücksichtigt werden.

Manche Träger berichten, dass sie auch die Entwicklung der Kinder als einen Indikator für die Qualität ihrer Unterstützung bewerten. Dies ist jedoch kritisch zu hinterfragen. Elterliches Verhalten und elterliche Kompetenzen sind nur einzelne Bausteine unter vielen anderen, die für die kindliche Entwicklung eine Rolle spielen. Gleiches gilt für die professionelle Unterstützung im Bezug zum elterlichen Verhalten und den Kompetenzen.

Bei der Zufriedenheit mit der Unterstützung geht es in erster Linie um die Zufriedenheit der Nutzer*innen. Es kann aber auch um eine Bewertung des Leistungsträgers mit der Unterstützung durch den Leistungsanbieter gehen oder um eine Selbstevaluation des Leistungsanbieters.

Eine umfassende Nutzer*innenbefragung ist aufwändig und sollte sowohl im Hinblick auf die Durchführung als auch den erwarteten Nutzen gut durchdacht sein. Es gibt verschiedene Möglichkeiten der Nutzer*innenbefragung. Sie kann mit Hilfe von Fragebögen durchgeführt werden oder als persönliche Befragung.

Folgende Fragestellungen sind bei der Entwicklung relevant:
  • Welche Fragen sollte der Fragebogen enthalten, damit die Antworten aussagekräftig sind?
  • Wie gelingt es Fragebögen zu entwickeln, die die Eltern alleine ausfüllen können?
  • Oder: Wer kann die Eltern bei der Bearbeitung unterstützen?
  • Wer führt die persönliche Befragung durch?
  • Wie werden die Fragebögen bzw. die persönliche Befragung ausgewertet und was geschieht mit der Auswertung?
  • Wie kann insbesondere bei kleineren Diensten Anonymität gewahrt werden?

Bei der persönlichen Befragung ist die Überlegung, wer diese durchführt, von besonderer Bedeutung. Wird sie von der für die Familie zuständige Fachkraft durchgeführt, besteht die Gefahr, dass die Familie, um die Beziehung nicht zu gefährden, keine offene Kritik übt. Andererseits kann sich eine solche gemeinsame Auseinandersetzung mit der Unterstützungssituation positiv auf die Unterstützung und die Arbeitsbeziehung auswirken. Wird die Befragung durch andere Mitarbeitende oder externe Personen durchgeführt, wird sie möglicherweise durch die Fremdheit und durch fehlendes Vertrauen erschwert.

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Verschiedene Umsetzungskonzepte Begleiteter Elternschaft

Durch das bestehende Leistungsrecht ist vorgegeben, dass Begleitete Elternschaft prinzipiell durch drei Möglichkeiten konzeptionell umgesetzt werden kann:

  • als ambulante Unterstützung in der eigenen Wohnung der Familie,
  • als stationäre Unterstützungsform in Mutter/Vater-Kind-Einrichtungen oder
  • als besondere Wohnform im Rahmen der Eingliederungshilfe.

Die Möglichkeiten der Ausgestaltung auch innerhalb eines ambulanten oder stationären Settings sind breit gefächert. Fließende Übergänge sind dabei möglich beziehungsweise die Intensität der Unterstützung, die die einzelne Familie erhält, ist zunächst unabhängig von der Unterstützungsform. In den Gruppendiskussionen wurde zudem deutlich, dass Flexibilität innerhalb des jeweiligen Unterstützungssettings, aber auch die Entwicklung weiterer bedarfsgerechter Angebote der Begleiteten Elternschaft wichtig sind, um Eltern und Kindern ein Zusammenleben zu ermöglichen. Beispiele hierfür sind unter anderem Clearing-Angebote und intensiv ambulante Angebote. Einen besonderen Platz in der Angebotslandschaft nimmt das Betreute Wohnen in Familien ein. Hier leben Eltern, Mutter oder Vater und Kind in einer Gastfamilie, die professionell begleitet wird. Ein weiteres besonderes Angebot ist das Kinderwohnen, dies ist uns als langfristig konzipiertes Angebot aus NRW bisher nicht bekannt. Von ihren Eltern getrenntlebende Kinder leben in einer Kinderwohngruppe, die Eltern leben in unmittelbarer Nähe, meist mit ambulanter Unterstützung. Dieses Modell bietet Familien, in denen die Eltern die Elternrolle nicht ausreichend ausfüllen können, die Möglichkeit Zeit miteinander zu verbringen und den Eltern die Chance ausgewählte Elternaufgaben weiterhin auszufüllen (zum Beispiel das Kind aus dem Kindergarten abholen). Fachkräfte wünschen sich mehr von diesen Angeboten, die auf spezielle Bedarfe reagieren, zum Beispiel auch für Familien mit Kindern mit Behinderung.

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Literaturangaben

Herwig-Lempp, Johannes (2016)

Ressourcenorientierte Teamarbeit. Systemische Praxis der kollegialen Beratung. Ein Lern- und Übungsbuch. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht