Leitlinie 7: Ausgewählte Methoden

Die Auswahl und der Einsatz von Methoden in der Unterstützung orientieren sich an den Bedarfen und Möglichkeiten der Eltern und Kinder.

Nach einer Begriffsklärung zu Methoden und Handlungskonzepten, werden in diesem Beitrag ausgewählte Methoden, die sich in der Unterstützung bewährt haben, vorgestellt: Leichte Sprache und Visualisierung sowie videogestützte Beratung und Persönliche Zukunftsplanung. Den Abschluss bildet ein Einblick in die Förderung der Mentalisierungskompetenz. Dieser Ansatz kommt aus der Psychologie und Psychotherapie. Er kann die Unterstützung im Rahmen Begleiteter Elternschaft sinnvoll ergänzen.

Begriffsklärung

Ziel methodischen Handelns ist es, Veränderungen anzustoßen.

Einsatz von methodischen Instrumenten

In einem engen Verständnis des Begriffs „Methode“ kann man diesen mit einer „Technik“, einem „Werkzeug“ oder einem „Instrument“ gleichsetzen. Der Einsatz einer Methode erfolgt demnach in bestimmten Arbeitsschritten, um ein definiertes Ziel zu erreichen. Als vielfach eingesetzte und bewährte Methoden werden die videogestützte Beratung sowie die Persönliche Zukunftsplanung vorgestellt.

Gestaltung von Unterstützungssettings

Nach einem sehr weiten Verständnis methodischen Handelns werden Menschen dabei unterstützt, eigene Veränderungsprozesse umzusetzen. Methodisches Handeln bedeutet in diesem Zusammenhang förderliche, anregende und partizipative Unterstützungssettings zu gestalten. Voraussetzung für eine Unterstützung nach diesem Verständnis sind transparente, belastbare und verlässliche Beziehungen. Methodisches Handeln in der Begleiteten Elternschaft geschieht zum großen Teil durch bewusste Gestaltung von Unterstützungssettings (siehe „Leitlinie 6: Pädagogische Unterstützung“). Leichte Sprache und Möglichkeiten der Visualisierung werden in der Begleiteten Elternschaft zur methodischen Gestaltung von Unterstützungssettings eingesetzt und daher unten dargestellt.

Handlungskonzepte

Eine dritte Möglichkeit methodischen Handelns sind sogenannte Handlungskonzepte, die eine bestimmte methodische Vorgehensweise in den Mittelpunkt stellen (vergleiche von Spiegel 2013). Als Beispiele sind hier Ressourcenorientierung als handlungsleitendes Prinzip, Sozialraumorientierung als konzeptionelle Ausrichtung, das Konzept der Lebensweltorientierung als zentrales Paradigma der Kinder- und Jugendhilfe sowie systemische beziehungsweise lösungsorientierte Beratungskonzepte zu nennen. Die Förderung der Mentaliserungskompetenz kann ebenfalls dazu gezählt werden. Bei einigen Trägern gehören Elemente dieser Konzepte zum Methodenrepertoire der Fachkräfte.

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Leichte Sprache und Visualisierung

Für die Unterstützung der Eltern in der Begleiteten Elternschaft sind Leichte Sprache, Einfache Sprache oder leicht verständliche Sprache und Visualisierungen wichtige Methoden, die die Umsetzung der Leitlinien Partizipation, Inklusion und Empowerment in der praktischen Zusammenarbeit ermöglichen. Dokumente und Schriften aus der Unterstützung, die sprachlich verständlich gestaltet sind, ermöglichen aufgrund ihrer Transparenz die Beteiligung der Eltern. Verständliches Kommunikationsverhalten der Fachkräfte sorgt dafür, dass sie von den Eltern besser verstanden werden und vermeidet Missverständnisse in der Zusammenarbeit. Bei der Anwendung der Methoden von Leichter Sprache und Visualisierungen sollte stets auf die Bedürfnisse und Kompetenzen der Eltern eingegangen werden. Eine passgenaue Methode sorgt dafür, dass Eltern tatsächlich partizipieren können und nicht auf Übersetzungsleistungen durch Dritte angewiesen sind. Sie ist außerdem Voraussetzung dafür, dass Kommunikation auf Augenhöhe stattfinden kann. Die Passgenauigkeit fordert aber gleichzeitig den kreativen Gestaltungssinn der Fachkräfte heraus.

Methoden der Leichten Sprache oder leicht verständlichen Sprache und gut platzierte Visualisierungen können in Planungsprozessen oder alltäglichen Situationen genutzt werden. Bei Hilfeplangesprächen sorgt die Anwendung der Methoden dafür, dass die Eltern keine abstrakte Besprechung wahrnehmen, sondern konkret beteiligt werden. Die Methoden nützen den Professionellen einen Gesprächsrahmen zu gestalten, der den Eltern die Möglichkeit gibt an den Gesprächen aktiv teilzuhaben. Zusätzlich lassen sie sich flexibel und kreativ einsetzen, so dass auf die (wechselnden) Bedürfnisse der Eltern eingegangen werden kann.

Die Fachkräfte stehen vor der Herausforderung, das eigene Kommunikationsverhalten zu reflektieren und an die Bedürfnisse der Eltern anzupassen.

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Leichte Sprache

Leichte Sprache wird als Varietät des Deutschen und als barrierefreie Kommunikation eingeordnet (Bock 2017: Seite 20). Die Leichte Sprache ist im Satzbau und Wortschatz systematisch reduziert und es wird weniger Weltwissen für das Verstehen des Textes vorausgesetzt (Maaß 2015: Seite 11 folgende). Zudem unterscheidet sie sich von anderen Texten durch eine besondere Form der visuellen Aufbereitung (Maaß 2015: Seite 12). Bilder in der Leichten Sprache unterstützen den Textinhalt, sie müssen ohne ausschmückende Details auskommen und möglichst klar sein (Kellermann 2014: Seite 10).

Leichte Sprache ist von den Begrifflichkeiten der Einfachen oder leicht verständlichen Sprache zu unterscheiden. Sie unterliegt (strengeren) Regelwerken und muss durch Prüfer*innen mit Lernschwierigkeiten korrigiert werden. Die Einfache Sprache zeichnet sich durch einen komplexeren Sprachstil aus (Kellermann 2014: Seite 7). Trotz der vielfältigen Formen von Leichter Sprache und der inhaltlich unterschiedlichen Ausfüllungen des Begriffs Leichte Sprache fehlt bisher eine ausreichende wissenschaftliche Fundierung und empirische Überprüfung (Bock 2017: Seite 20).

Die Leichte Sprache kann in der Begleiteten Elternschaft eine wertvolle Methode sein, um Kommunikationsprozesse partizipativer zu gestalten. Der zeitliche Umfang von bedachter Nutzung regelgetreuer Leichter Sprache darf in der Praxis jedoch nicht unterschätzt werden. Dies gilt besonders für die Übersetzung oder Gestaltung von schriftlichen Dokumenten. Leichte Sprache ist primär schriftlich ausgelegt, denn wer alle Regeln der Leichten Sprache berücksichtigt, benötigt eine gewisse Vorlaufzeit (Maaß 2015: Seite 12). Eine Möglichkeit in der praktischen Unterstützung kann es deshalb sein, mit Elementen des Regelwerks der Leichten Sprache, Berichte oder Informationen für die Eltern in leicht verständlicher Sprache zu formulieren. In der Zusammenarbeit mit den Eltern sollten die Fachkräfte darauf achten, dass auch ihre gesprochene Sprache für die Eltern leicht verständlich ist. Dies gelingt, indem schwierige Fachwörter vermieden werden oder indem die Menge der vermittelten Informationen und die Sprechgeschwindigkeit an die Bedürfnisse der Eltern angepasst wird. Die sprachliche Kommunikation sollte den Bedürfnissen der Eltern entsprechen und kann zum Beispiel durch Visualisierungen unterstützt werden.

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Visualisierungen

Die Verbildlichung von Botschaften bringt einige Vorteile mit sich (Fries 2004: Seite 106):
  • Bilder können Unsichtbares oder Abstraktes sichtbar machen.
  • Bilder sind nicht an Sprache gebunden.
  • Bilder kommunizieren unmittelbar und direkt.
  • Bilder sind einprägsam.
  • Bilder können große Datenmengen transportieren.

Diese Vorteile der Verbildlichung können auch in der Begleiteten Elternschaft genutzt werden. Hier lassen sich verschiedene Funktionen von Visualisierungen zusammenfassen:

Illustration eines Textes
  • Festhalten von Informationen/Inhalten (zum Beispiel durch Bilder in einem Wochenplan).
  • Strukturierung eines Gesprächs durch visuelle Darstellung des aktuellen Gesprächsthemas.
  • Ergebnissicherung/Protokollierung eines Gesprächs (zum Beispiel durch ein Schaubild).
  • Prozesse nachvollziehbar gestalten.

Kommunikationsmedium (zur Problemlösung), die gemeinsame Gestaltung von Skizzen „lenkt vom „kognitiven Denken“ ab und trifft den Kern des Problems effektiver.“ (Just 2016: Seite 175)

Formen von Visualisierungen:
  • Bilder, Fotos,
  • Symbole,
  • Piktogramme,
  • Pläne, Tabellen, Schaubilder mit schriftlichen und bildlichen Inhalten,
  • Arbeitsblätter.
Bei der Visualisierung durch Symbole oder Bildkarten sollten folgende Überlegungen Berücksichtigung finden (Mischo 2008: Seite 3 folgende):
  1. Fähigkeiten des/der Nutzer*in (Wahrnehmungsfähigkeit, Symbolverständnis und Abstraktionsvermögen, Interessen und Vorlieben, Motivation)
  2. Ziel / Verwendungszweck (Was ist das Ziel? Was soll dargestellt werden? Wie komplex soll die Darstellung sein?)
  3. Verbreitung der Bildsymbole (Sollen auch andere Personen die Bildsymbole nutzen?)

Die Bildsymbole werden zu einem Medium, dem bestimmte Bedeutungen zugewiesen sind. Die Zuweisung der Bedeutungen muss ausgehandelt werden und geht über den konkreten Gegenstand hinaus (Adam 1993: Seite 197). Ein Bild von einem Besen im Wochenplan kann die ausgehandelte Bedeutung haben, dass an diesem Tag die Küche geputzt werden muss. Das Bild von dem Lappen wird zum Symbol für „Wäsche waschen“. Der Nachteil an Symbolen und Bildern ist, dass sie einen großen Interpretationsspielraum mit sich bringen. „Symbole zeichnen sich durch eine sehr offene Wirkungsweise aus.“ (Alexander 2013: Seite 209) So könnte eine andere Person das Symbol des Lappens dahingehend interpretieren, dass Staub geputzt werden soll. Die Symbole sind somit auf keinen Fall selbsterklärend (Alexander 2013: Seite 209), sie unterliegen einem Aushandlungsprozess. Die Visualisierungen müssen also speziell auf die Nutzer*innen zugeschnitten werden. In Elterntrainingsprogrammen für Eltern mit Lernschwierigkeiten hat sich die Verwendung von Bildern förderlich auf die Verarbeitung von Lerninhalten ausgewirkt (Wiehler 2009: Seite 20). Am besten geeignet sind konkrete und realistische Bilder, zum Beispiel Fotos (Wiehler 2009: Seite 20).

Ein Wochenplan, der mit Visualisierungen aufbereitet ist, bietet besondere Orientierungspunkte. Hier ist der Bezug zur spezifischen Lebenssituation auch durch visuelle Einheiten sicher zu stellen. Fotos können zum Beispiel einen direkten Zusammenhang zum eigenen Familienleben herstellen und konkrete Beispiele erfassen. Die Dokumentation von Lern- und Arbeitsfortschritten in der Unterstützung kann visuell kreativ festgehalten werden. Die zeitnahe Dokumentation verschafft den Eltern einen Überblick über Aktivitäten und fördert positive Verstärkung ihres Verhaltens (Wiehler 2009: Seite 20).

Eine ausführliche Darstellung finden Sie unter unter dem Menüpunk Weitere Informationen: „Leichte Sprache und Visualisierung“.

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Videogestützte Beratung

Eine von vielen Leitungskräften benannte und in vielen Konzeptionen der Begleiteten Elternschaft verankerte Form der Unterstützung ist die videogestützte Beratung. Auch in der internationalen Literatur zur Unterstützung von Eltern mit Lernschwierigkeiten wird zum Teil auf den Einsatz entsprechender Methoden verwiesen. In Deutschland sind Marte Meo, Video-Home-Training und Entwicklungspsychologische Beratung die am häufigsten angewandten Ansätze (siehe externe Links: www.martemeo.com/de, www.spindeutschland.de, www.epb-verein.de). Während das Konzept der Entwicklungspsychologischen Beratung sich auf Kinder im Alter von 0 bis 3 Jahren beschränkt, sind die anderen beiden Methoden altersunabhängig anwendbar. Das konkrete methodische Vorgehen ist in allen drei Ansätzen unterschiedlich und wird hier nicht im Einzelnen dargestellt.

Allen Ansätzen gemeinsam ist, dass Video-Aufnahmen von Eltern-Kind-Interaktionen von einer Dauer von zirka 10 bis maximal 20 Minuten erstellt werden. Hierbei kann es sich sowohl um strukturierte Situationen wie Wickeln, Baden oder Füttern als auch um nicht strukturierte Situationen wie Spiel handeln. Die Aufnahmen werden von dem*der Berater*in ausgewertet und einzelne Sequenzen zur gemeinsamen Betrachtung mit den Eltern in einem Folgetermin ausgewählt.

Ziel der videogestützten Beratung ist in den ersten Lebensjahren insbesondere die Förderung der Eltern-Kind Bindung. Auf der Basis einer sicheren Bindung haben Kinder gute Entwicklungschancen. Generell können mit Hilfe von videogestützter Beratung Eltern-Kind-Interaktionen unterstützt und gestärkt werden.

Die Methode basiert auf der Theorie des Selfmodelling und geht davon aus, dass Menschen besonders von Erfahrungen profitieren, in denen sie sich selbst als kompetent und selbstwirksam erlebt haben. Die Videobilder ermöglichen, eine gewisse Distanz zum sonst oft emotionalen Geschehen aufzubauen. Beim Betrachten des Videos können sich die Eltern ganz auf das Verhalten des Kindes und seine Signale konzentrieren ohne zeitgleich darauf reagieren zu müssen. Auch Wiederholungen sind möglich. Da Lernen besonders gut funktioniert, wenn es mit positiven Emotionen verknüpft ist, ist die Auswahl gelungener Sequenzen von zentraler Bedeutung. Hintergrund für die Betrachtung der Bilder ist die Frage, was der Erwachsene getan hat, damit die Interaktion gelingt. Sequenzen mit negativen Interaktionsimpulsen werden in Einzelfällen genutzt, um spezifische Fragestellungen aufzuzeigen (Wie geht es dem Kind? Was braucht es gerade?).

Der Einsatz videogestützter Beratung eignet sich sehr gut für die Unterstützung von Eltern mit Lernschwierigkeiten. Die Arbeit mit den Bildern ist anschaulich und unmittelbar. Sie erfordert daher kein hohes sprachliches Niveau und keine besondere Abstraktionsfähigkeit. Die Konzentration auf die positiven gelungenen Interaktionen stärkt die Eltern, die häufig unter sehr hohem Druck stehen, weil kaum jemand in ihrem Umfeld ihnen zutraut, dass sie gute Eltern sein können. In der Praxis hat es sich als sinnvoll erwiesen die Methode mit anderen zu kombinieren und zentrale Themen auf unterschiedliche Art und Weise zu fokussieren, zum Beispiel durch ergänzende Informationen zur kindlichen Entwicklung in Leichter Sprache, durch Arbeitsblätter, persönliche Notizen, Standbilder.

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Persönliche Zukunftsplanung

Die persönliche Zukunftsplanung wird häufig eingesetzt, wenn tiefgreifende Veränderungen im Leben einer Person stattfinden. Dies kann der Übergang von der Schule in den Beruf, ein Umzug oder die eigene Elternschaft sein. Sie ist angezeigt, wenn eine Person etwas in ihrem Leben verändern und die betroffene Person aktiv an diesem Prozess mitarbeiten möchte. Sie wird nicht als verpflichtendes und standardisiertes Mittel eingesetzt, welches von Unterstützer*innen oder Kostenträgern vorgeschrieben wird (Doose 2012: Seite 17 folgende). Es handelt sich um eine freiwillige Teilnahme. „Es geht nicht um Planung um der Planung willen, sondern ihr Ziel ist es, Veränderungsprozesse anzustoßen, um die persönlichen Ziele der planenden Person zu erreichen und ihre Lebensqualität zu verbessern“ (Doose 2015: ohne Seitenangabe).

Persönliche Zukunftsplanung umfasst die Arbeit mit einem Unterstützer*innenkreis, welcher aus der Familie und Freunden der betroffenen Person besteht, an dem aber auch selbst gewählte professionelle Unterstützer*innen beteiligt sein können (Doose 2012: Seite 17). Im Mittelpunkt des Unterstützer*innenkreises steht die planende Person, die zur Hauptperson der persönlichen Zukunftsplanung wird.

Bedeutsam ist, dass „[…] persönliche Zukunftsplanung konsequent aus der Perspektive des Menschen mit Unterstützungsbedarf handelt/denkt und dessen Träume und Wünsche in gangbare Schritte verwandelt.“ (Zahn 2013: Seite 34)

In Planungstreffen der betroffenen Person mit ihrem Unterstützer*innenkreis werden die Vorstellungen und Wünsche der Hauptperson für ihre Zukunft sowie Ideen zur Erreichung der persönlichen Ziele erarbeitet. Hierbei kann ein vielseitiger Methodenkoffer und verschiedene Moderationsarten aus dem Material der Persönlichen Zukunftsplanung zum Einsatz kommen, zum Beispiel Themenblätter, Karten oder Themenordner.

Der Person wird die Möglichkeit geboten, die persönliche „wünschenswerte Zukunft“ zu gestalten, wobei die Basis hier in den eigenen Träumen, Vorlieben, Gaben und Möglichkeiten liegt (Zahn 2013: Seite 36). Die persönliche Zukunftsplanung entwickelt konkrete Ideen und Aktionspläne, um die reale Lebensplanung und Lebensstilplanung der Hauptperson zu gestalten. „Die Kraft des Prozesses persönlicher Zukunftsplanung liegt in seiner Orientierung auf die Möglichkeiten in der Wirklichkeit.“ (ebenda, Seite19). Die Verbindung zur Wirklichkeit kann durch die Vereinbarung konkreter Schritte gewährleistet werden.

Persönliche Zukunftsplanung ist eine ausdifferenzierte Methode, die recht aufwändig in der Umsetzung ist. In der Begleiteten Elternschaft werden häufig einzelne Elemente und Arbeitsmaterialien von Fachkräften in der Beratungsarbeit mit den Eltern eingesetzt.

Eine ausführliche Darstellung finden Sie unter dem Menüpunkt Weitere Informationen: „Persönliche Zukunftsplanung“.

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Förderung der Mentalisierungskompetenz

Die Förderung der Mentalisierungskompetenz kann ein Element in der Unterstützung von Eltern mit Lernschwierigkeiten sein. Sie findet eingebettet in das generelle Unterstützungssetting statt.

Die Bedeutung des Mentalisierens

Mentalisieren meint die Fähigkeit mentale Zustände wie Gedanken, Gefühle, Wünsche, Bedürfnisse bei sich und anderen wahrzunehmen und zu identifizieren. Mentalisierungsfähigkeit wird normalerweise im Laufe der Kindheit entwickelt. Sie ist wichtig, um Beziehungen und soziales Miteinander gestalten zu können. Durch die Unterscheidung zwischen innerer Realität (eigene Gedanken, Fantasien, Überzeugungen) und äußerer Realität (mentale Zustände und Handlungen anderer) wird es möglich soziale Situationen zu verstehen, vorherzusagen und eigene Affekte zu regulieren. Es entsteht dadurch eine größere Sicherheit im Umgang mit sich selbst und mit anderen (vergleiche Lenz 2019: Seite 27 folgende).

Es kann sein, dass Mentalisierungsfähigkeit sich nicht ausreichend entwickelt, durch traumatische Erfahrungen verhindert wird oder in belastenden Situationen nicht abgerufen werden kann. Besonders in Stress- und Belastungssituationen ist die Mentalisierungsfähigkeit häufig eingeschränkt. Dies gilt aufgrund der jeweiligen Lebensgeschichte häufig auch für Menschen mit Lernschwierigkeiten. Insbesondere im Familienalltag gibt es Momente, in denen Eltern in vielfacher Hinsicht gefordert sind. Aus Belastungen heraus werden Situationen falsch interpretiert und es entstehen Missverständnisse. Die Fähigkeit zu Mentalisieren, die Perspektive des anderen einzunehmen, kann bei der Bewältigung dieser Situationen helfen.

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Mentalisieren und Resilienz

Mentalisierungsfähigkeit ist ein zentraler Baustein der Resilienz und somit ein Schutzfaktor für Kinder in belasteten Familien. So wurde herausgefunden, dass die Mentalisierungskompetenz der primären Bezugsperson einen deutlichen Einfluss auf die Bindungsfähigkeit des Kindes hat. Durch die Förderung der Mentalisierungsfähigkeit werden die Eltern gestärkt und somit die Kinder geschützt. Unter normalen Bedingungen geschieht Mentalisieren implizit, quasi automatisch. Flexibilität in der Wahrnehmung und der Interpretation der inneren Zustände des Gegenübers ist hier erforderlich. Unter belastenden Bedingungen ist dies jedoch möglicherweise nicht abrufbar. Durch explizites – also bewusstes Mentalisieren – wird implizites Mentalisieren geübt und somit leichter zugänglich.

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Mentalisierende Haltung

Eine mentalisierende Haltung der Fachkräfte fördert den Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung. Diese wiederum ist Voraussetzung für das Entwickeln von Mentalisierungskompetenz. Eine mentalisierende Haltung einzunehmen heißt, den anderen und seine Realität empathisch ernst zu nehmen, die Perspektive der Eltern und der Kinder einzunehmen, ihren Gedanken und Gefühlen zu folgen. Es geht darum zu lernen, wie sie die Welt erleben, die Welt und auch die eigene Person durch ihre Augen zu sehen (vergleiche Lenz 2018). Mentalisieren wird durch reflexive Fragen gefördert. Dabei kann es hilfreich sein, einen „Standpunkt des Nicht-Wissens“ einzunehmen.

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Förderung der Mentalisierungskompetenz in der Alltagsbegleitung

Bereits durch das konsequente Einnehmen einer mentalisierenden Haltung wird die Mentalisierungsfähigkeit gefördert. Darüber hinaus kann Mentalisieren in der Praxis anhand von in der Unterstützung gemeinsam durchlebten schwierigen Situationen geübt werden. Das kann zum Beispiel ein Wutanfall im Supermarkt sein oder wenn das Kind nicht in den Kinderwagen will oder es sich nicht wickeln lässt. Ebenso kann es anhand von Situationen geübt werden, von denen die Eltern berichten.

Hier sind affektfokussierte Fragetechniken hilfreich. Zum Beispiel können die Eltern gefragt werden:

  • Was ist in der Situation in Ihnen vorgegangen? Wie haben Sie sich gefühlt? Welche Gedanken sind bei ihnen aufgetaucht?
  • Können Sie sich erklären, was Sie dazu gebracht hat …?
  • Wie glauben Sie, fühlt sich dies für Ihr Kind an?
  • Was glauben Sie, ist in Ihrem Kind in diesem Moment vorgegangen?
  • Können Sie sich erklären, was Ihr Kind möglicherweise dazu gebracht hat, so zu reagieren? (vergleiche Lenz 2019: Seite 58 folgende)

Wichtig ist es bei der Reflexion dieser Situationen von den Fakten weg zu kommen und sich auf die Befindlichkeit, die Gefühle zu konzentrieren. Die Aufmerksamkeit wird auf das Erleben der Situation gerichtet. Auch eigene Gefühle, eigenes Erleben können durch die Fachkraft eingebracht werden.

Eine ausführliche Darstellung finden Sie unter dem Menüpunkt Weitere Informationen: „Förderung der Mentalisierungskompetenz“.

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Literaturangaben

Adam, Heidemarie (1993)

Mit Gebärden und Bildsymbolen kommunizieren. Voraussetzungen und Möglichkeiten der Kommunikation von Menschen mit geistiger Behinderung. Würzburg: edition bentheim

Alexander, Kerstin (2013)

Kompendium der Visuellen Information. Berlin Heidelberg: Springer-Verlag

Bock, Bettina (2017)

Das Passiv- und Negationsverbot "Leichter Sprache" auf dem Prüfstand. Empirische Ergebnisse aus Verstehenstest und Korpusuntersuchung. In: Sprachreport 33 (1), Seite 20–28

Doose, Stefan (2012)

Persönliche Zukunftsplanung als Methode für Inklusion? Personenzentriertes und sozialraumorientiertes Denken, Planen und Handeln. In: Heilpädagogik.de (Heft 3) Seite 16–19

Doose, Stefan (2015)

Partizipation im Rahmen von Prozessen der Hilfe- und Zukunftsplanung. Teilhabe an einem guten Leben als Zielperspektive – Behinderung als Ausgangssituation. In: Düber, Miriam; Rohrmann, Albrecht; Windisch, Marcus (Herausgeber): Barrierefreie Partizipation. Weinheim Basel: Beltz, Seite 342–356

Fries, Christian (2004)

Grundlagen der Mediengestaltung. Konzeption, Kommunikation, Visualisierung, Bildaufbau, Farbe, Typografie. München Wien: Carl Hanser Verlag

Just, Anette (2016)

Systemische Beratung. Kommunikation durch Skizzieren. Münster: UTB

Kellermann, Gudrun (2014)

Leichte und Einfache Sprache- Versuch einer Definition. In: Aus Politik und Zeitgeschichte (Herausgeber): Leichte und Einfache Sprache. 64. Jahrgang. Online verfügbar unter http://www.bpb.de/apuz/179341/leichte-und-einfache-sprache-versuch-einer-definition

Lenz, Albert (2019)

Ressourcen psychisch kranker und suchtkranker Eltern stärken. Ein Gruppenprogramm zur Prävention von Kindesmisshandlung und -vernachlässigung. Göttingen: Hogrefe

Maaß, Christiane (2015)

Leichte Sprache. Das Regelbuch. Münster: Lit (Barrierefreie Kommunikation, 1)

Mischo, Susanne (2008)

Bildsprache. Sprachförderung für Menschen mit Behinderung. Projektbericht. Online verfügbar unter https://www.beaonline.de/wp-content/uploads/2015/06/2008_Susanne_Mischo_Workshop_Bildsprache_Text.pdf

Spiegel, Hiltrud von (2013)

Methodisches Handeln in der Sozialen Arbeit. München: Reinhardt Verlag

Wiehler, Dana (2009)

Unterstützungs- und Bildungsangebote für Eltern mit Lernschwierigkeiten und ihre Kinder und die Sicht der Adressaten. In: Erwachsenenbildung und Behinderung (2), Seite 20–25.

Zahn, Tobias (2013)

Persönliche Zukunftsplanung – Neue Wege zur Inklusion! In: Schweizer Zeitung für Heilpädagogik. Jahrgang 19, Heft 10, Seite 34–38