Der Empowerment-Ansatz als einer der zentralen Grundsätze des fachlichen Handelns. In der dritten Leitlinie wird ausgeführt, was pädagogisches Handeln nach diesem Ansatz für die Gestaltung von Angeboten Begleiteter Elternschaft bedeutet.
Inhaltsangabe Leitlinie 3: Fachliche Grundsätze – Empowerment
Inklusion, Empowerment und Partizipation werden als zentrale Aspekte Begleiteter Elternschaft, die miteinander in Wechselwirkung stehen, dargestellt.
Begleitete Elternschaft umfasst gleichermaßen die Arbeit Menschen mit Behinderungen und die Arbeit mit Familien. Aus diesem Grund finden sich fachliche Grundsätze aus beiden Unterstützungsfeldern in der Begleiteten Elternschaft wieder.
Empowerment
Die Entwicklung des Empowerment-Ansatzes ist eng verbunden mit Bürgerrechtsbewegung, Frauenbewegung und Selbstbestimmt-Leben-Bewegung und deren Bestreben, sich aus Abhängigkeiten und Bevormundung zu befreien und Autonomie und Selbstbestimmung zu erlangen. Zugleich bezeichnet Empowerment jedoch einen pädagogischen Ansatz in der psychosozialen Arbeit. Dieser wendet sich ab vom defizitorientierten Blick auf Menschen mit Lernschwierigkeiten. Er betont deren Ressourcen und Stärken und verzichtet zugleich auf die pädagogische Zuschreibung von Hilfebedürftigkeit (vergleiche Herriger 2012).
Der Begriff „Empowerment“ wird mit Selbstbemächtigung, Selbstbefähigung, Stärkung von Eigenmacht und Autonomie übersetzt.
- vorhandene Fähigkeiten der Menschen bekräftigt,
- ihre Ressourcen gefördert
- und sie befähigt werden, eigene Lebenswege und Lebensräume selbst zu gestalten.
- die individuelle Ebene: Förderung von Selbstbewusstsein, Selbstwert, Autonomie;
- die Ebene der Familie und der sozialen Netzwerke: Förderung gegenseitiger Unterstützung;
- die Ebene des sozialen Umfeldes und der Institutionen: förderliche soziale und institutionelle Bedingungen, Beseitigung von Entfaltungshindernissen in den Lebenszusammenhängen vor Ort;
- die sozialpolitisch-gesellschaftliche Ebene: förderliche gesellschaftliche Bedingungen, politische Partizipation.
Die Lebenssituation von Menschen mit Lernschwierigkeiten beziehungsweise deren Erfahrungen und ihre Biographie sind vielfach durch Ausgrenzung, Diskriminierung, Überbehütung und Bevormundung geprägt. In der Folge haben viele von ihnen ein geringes Selbstbewusstsein und eine geringe Selbstwirksamkeitsüberzeugung (vergleiche Text „Weitere Informationen: Zur Situation der Eltern“). Dies behindert sie auch in ihrer Rolle als Eltern. Um sie zu befähigen, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen, Wünsche und Bedürfnisse zu äußern und ihr Familienleben und die Erziehung ihrer Kinder nach ihren eigenen Vorstellungen zu gestalten, müssen sie deshalb ermutigt und bestärkt werden. Hier geht es um Empowerment.
Die Idee des Empowerments ist inzwischen in vielen Bereichen der Sozialen Arbeit, so auch in der Kinder- und Jugendhilfe verbreitet. Empowerment bezieht sich hier einerseits auf die Stärkung benachteiligter Eltern, andererseits spielt Empowerment eine wichtige Rolle in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Kinder von Eltern mit Lernschwierigkeiten sind genau wie ihre Eltern verschiedenen Belastungsfaktoren wie zum Beispiel Armut, sozialer Isolation, geringerer Bildungschancen ausgesetzt (vergleiche Text „Weitere Informationen: Zur Situation der Eltern“ ; „Weitere Informationen: Zur Situation der Kinder“). Empowerment ist daher auch in der pädagogischen Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen in der Begleiteten Elternschaft ein zentraler Ansatz. „Mit Blick auf die Lebenswelt von Kindern richtet sich der Empowerment-Blick vor allem auf eine Pädagogik, die Kindern hinreichende personale und soziale Ressourcen vermittelt, deren Einsatz es ihnen ermöglicht, kritische Lebensereignisse und Lebensumbrüche gelingend zu bewältigen.“ (Herriger 2009: ohne Seitenangabe). Empowerment leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Resilienzförderung (Förderung der psychischen Widerstandskraft).
- Eltern und Kinder in der Wahrnehmung ihrer Rechte zu bestärken,
- die Ressourcen von Eltern und Kindern zu fördern,
- sie zu ermutigen und zu befähigen, eigene Interessen zu entwickeln, Bedürfnisse zu formulieren und ihr Leben nach eigenen Vorstellungen zu gestalten,
- Unterstützungsangebote so zu gestalten, dass diese durch Kooperation und Partnerschaft, Selbstbestimmung, Transparenz und Partizipation geprägt sind.
Pädagogisches Handeln ist immer in einen gesellschaftlichen Kontext eingebettet und wird durch historische Entwicklungen beeinflusst. Aus diesem Grund ist es notwendig sich bewusst zu machen, vor welchem Hintergrund und mit welcher professionellen Haltung pädagogische Interventionen erfolgen. Grundsätze fachlichen Handelns können Orientierung und Sicherheit geben. Sie ermöglichen das pädagogische und methodische Vorgehen vor diesem Hintergrund zu reflektieren. Sie bilden aber auch die Grundlage für die strukturelle Entwicklung von Angeboten und Einrichtungen.
Literaturangaben
Herriger, Nobert (2012)
Grundlagentext Empowerment. Online verfügbar unter: http://www.empowerment.de/grundlagen/, zuletzt geprüft am 5.10.2018
Herriger, Nobert (2009)
Empowerment in der pädagogischen Arbeit mit Kindern. Fachtagung Kinderarmut – Herausforderungen und Aufgaben der kirchlichen Jugendarbeit. Düsseldorf 5. Mai 2009. Online verfügbar unter https://jugend.ekir.de/Bilderintern/20090507_KinderarmutEmpowerment509.pdf, zuletzt geprüft am 1.10.2018
Lenz, Albert (2011)
Die Empowermentperspektive in der psychosozialen Praxis. In: Lenz, Albert (Herausgeber): Empowerment. Handbuch für die ressourcenorientierte Praxis. Tübingen: dgvt-Verlag
Theunissen, Georg (2003)
Empowerment und Professionalisierung – unter besonderer Berücksichtigung der Arbeit mit Menschen, die als geistig behindert gelten. In: Heilpädagogik online 04/03, Seite 45-81. Online verfügbar unter http://www.heilpaedagogik-online.com/heilpaedagogik_online_0403.pdf, zuletzt geprüft am 5.10.2018